Der Zuschauer als Bestsellerautor.
Sie sind romantisch veranlagt und träumen davon, einen Liebesroman zu schreiben?
Sie sind Experte für zum Beispiel Alles und der Meinung, ein Buch würde ihren Marktwert erheblich steigern?
Sie sind prominent und davon überzeugt, dass die Welt nach Ihren Memoiren lechzt?
ABER SIE KÖNNEN NICHT SCHREIBEN!?!
Kein Problem, vorausgesetzt, Sie haben das nötige Kleingeld. Engagieren Sie ganz einfach einen Ghostwriter!
Wir zeigen Ihnen, was Sie tun müssen und was Sie der Spaß kostet!
Ghostwriting in der Literaturgeschichte und in der Gegenwart.
Selbst Goethe ließ schreiben. Teile seines „Wilhelm Meister“ etwa stammen aus der Feder seines Sekretärs Eckermann, auch Hauslehrer Riemer hat für den Dichterfürsten geschrieben. Was in der Malerei Gang und Gäbe war, nämlich die Arbeit einer Werkstatt für einen bestimmten Namen – heute würde man sagen: für eine Marke – kam durchaus auch in der Welt der Literatur vor: Dumas Vater und Sohn etwa beschäftigten über 70 Ghosts, die „Drei Musketiere“ oder „Die Kameliendame“ wurden von Ghosts verfasst. Weitere berühmte Autoren, die Ghosts benutzten: Brecht, Balzac, Scribe, Cocteau, Bertrand Russel, John Irving etc. Auch wenn nicht laut darüber geredet wird: Ghosts sind für Verlage mittlerweile unverzichtbar. Sie liefern zuverlässig und pünktlich, haben keine eigenen Ambitionen und sind „easy to handle“. Um die Mitarbeit eines Ghost zu verschleiern, werden sie oft einfach anders genannt: Sie heißen dann „Bearbeiter“ oder „Lektor“
Ghostwriting bei Autobiografien und Sachbüchern.
Kaum ein Promi hat seine Bio selbst verfasst, fast immer steht ein Geisterschreiber im Hintergrund – meist ungenannt. Auch Ratgeber, Fach- und Sachbücher werden nur selten von demjenigen geschrieben, der auf dem Cover steht: Weil der Finanzguru XY zwar vielleicht ein schlaues Kerlchen ist, aber weder die Zeit, noch das Können hat, ein Buch zu schreiben (und dieser Zeitaufwand vielleicht auch gar nicht bezahlbar wäre). Sechzig bis siebzig Prozent aller Non-Fiction-Bücher sind geghostet.
Zu Wort kommen Ghostwriter, Literaturagenten, Verleger und Dagmar Koller. Sie erzählt, wie sie mit Hilfe ihrer Ghostwriterin Senta Ziegler gerade ein neues Buch über den Verlust ihres Ehemanns schreibt.
„artgenossen“, 14.9.2009, (30 min)