Wenn sie mit ihrer 6-jährigen Tochter durch die engen Gassen von Selcuk spaziert, würde niemand vermuten, dass sie die Chefin eines riesigen Wissenschaftsbetriebes ist: Sabine Ladstätter, 42, wurde vor drei Jahren zur Leiterin von Ephesos, Österreichs größter archäologischer Grabung, bestellt. Damit übernahm sie den prestigeträchtigsten Job, den die Österreichische Archäologie zu vergeben hat. Und das kam einer Revolution in dem höchst konservativen Milieu gleich: Sie sei viel zu jung, hieß es, außerdem eine Frau (die erste in 115 Jahren!) und obendrein zu unerfahren.
Etwa 250 internationale Wissenschaftler pro Saison forschen unter ihrer Leitung, dazu kommt das Hilfspersonal für die Grabungen und das geräumige Grabungshaus. Ein Budget von rund 800.000.- Euro pro Jahr hat Sabine Ladstätter zu verwalten. Schon als Kind, so erzählt sie, habe sie in der Sandkiste ihren Cousin zu „Grabungen“ kommandiert. Mittlerweile ist die Sandkiste also ganz schön groß geworden. Meist an Ladstätters Seite: Ihre kleine Tochter Hemma, die das Leben im Grabungshaus mit kindlicher Begeisterung genießt. Hemma zählt mittlerweile zu den „Routiniers“ vor Ort. Seit ihrem 2. Lebensjahr verbringt sie die Monate Mai bis Oktober in Selcuk (nahe Izmir), in dem sich das Grabungshaus befindet. Während Mama Grabungen überwacht, Touristen herumführt, Streitigkeiten schlichtet, neue Projekte plant oder Gäste begrüßt, verbringt Hemma den Tag mit ihren türkischen Freundinnen. Natürlich spricht sie längst fließend Türkisch. Und dann ist da ja auch noch der Papa, Helmut Schwaiger, Steirer und ebenfalls Archäologe. Sabine ist also nicht nur seine Partnerin, sondern auch seine Chefin – Familie „Indiana Jones“ sozusagen, mit umgekehrten Vorzeichen allerdings.
Neben Dr. Ladstätter leiten zwei weitere junge Frauen die Grabungen: Mag. Lili Zabrana, 31, hat soeben ein bislang unbekanntes Theater entdeckt; und Dr. Barbara Horejs, 34, forscht auf einem uralten Siedlungshügel nach den Ursprüngen unserer Zivilisation: 8200 Jahre alte Knochensplitter, Holzkohlepartikel und Samenreste erzählen vom Leben der Menschen in der Steinzeit.
„Aus dem Leben“/ ServusTV, Erstausstrahlung im August 2011, 30min